Gaststätten der Antike

Kleine Informationen zur Caupona und ihrer Funktion.

Wenn man die Ausgrabungsergebnisse aus Ostia oder Pompeji und anderer antiker Quellen verallgemeinern darf, so spielten Gaststätten, Kneipen und Stehimbisse eine bedeutende Rolle für das soziale Leben und die Versorgung der städtischen Bevölkerung.
antike Spieler
Denn neben Getränken konnte man dort eine warme Mahlzeit erwerben. Vor allem für die Unterschichten dürfte dies wichtig gewesen sein. Die damaligen Wohnungen ließen ein Kochen in den eigenen vier Wänden nicht unbedingt ratsam erscheinen; schon wegen der Brandgefahr und den beengten Wohnverhältnisse. Wahrscheinlich galt dies auch für die Städte der germanischen und gallischen Provinzen.
In den vici und Lagerdörfern wird ihre Aufgabe in der Versorgung von Reisenden, Händlern, den Bewohner und den Truppen mit "exotischen" Lebensmitteln oder besser selteneren Lebensmitteln bestanden haben. Die etymologische Herleitung des deutschen Wortes Kaufmann vom lateinischen caupo, dem Wirt läßt dies möglich erscheinen.

Es sind uns verschiedene antike Begriffe für Gaststätten überliefert worden: u.a. caupona, popina, thermopolium und taberna vinaria. Ob diese verschiedenen Namen auch unterschiedliche Geschäfte bezeichnen können, ist fraglich. Ich habe den Verdacht, daß sie teilweise synonym verwendet wurden.

Die Begriffe caupona und caupo oder copo (Wirt) gelten meist als Oberbegriff für das gesamte Gewerbe und wurden auch für Herbergen verwendet. Im Einzelfall war damit eine Weinschenke gemeint, in der man einen einfachen Imbiß zu sich zu nehmen konnte. In Weinanbaugebiete könnte die caupona auch als Gutsausschank bezeichnet werden. Das manche Wirte ihre selbstangebauten Weine verkauften, ist zumindest durch ein Lokal in Pompeji bezeugt. Der Schriftsteller Varro (res rustica) empfiehlt den Gutsbesitzern an vorbeiführenden Straßen Stände oder Gaststätten zu errichten. Dort sollten im Nebenerwerb die landwirtschaftlichen Überschüsse verkauft und Reisende verköstigt werden.

Der Begriff taberna vinaria scheint eher eine Weinhandlung als einen Gutsausschank zu meinen, da taberna im allgemeinen einen Verkaufsladen bezeichnet.

Die popina (der popino war der dortige Wirt) läßt sich davon nur schwer abgrenzen. Die literarischen Zeugnisse deuten aber an, daß mit diesem Begriff ein Speiselokal (von lateinisch coquere = kochen) gemeint wurde. Dabei wird das gesamte Spektrum von Stehimbiß bis Luxusrestaurant abgedeckt. In letzteren konnte man importierte Delikatessen verzehren und, wenn man wollte, ganze Vermögen durchbringen. In der Regel erfolgte der Verkauf der Speisen über den Ladentisch, aber auch die Lieferung frei Haus ist bezeugt.

Das thermopolium scheint nach der Wortbedeutung eine Wirtschaft zu sein, in der warme Getränke und aufgewärmte Speisen angeboten wurden. Vielleicht handelte es sich auch um einen Stehimbiß. Das damit auch fliegende Händler bezeichnet werden konnten, die warme Gerichte verkauften, wäre ebenfalls möglich. Eine Darstellung des Marktes von Pompeji zeigt einen Händler, der in einem kleinen Kessel auf offenem Feuer mitten auf dem Forum ein warmes Essen anbietet.

Die Räumlichkeiten

Gaststätte aus Ostia antica

Die architektonische Gestaltung läßt eine Trennung der einzelnen Lokalarten nicht zu. In der Regel handelt es sich um ein langrechteckiges Geschäft, dessen Schmalseite zur Straße hin offen war. Darin befand sich eine L-förmige Theke, in der gelegentlich Vorratsgefäße für Speisen und Getränke eingelassen waren. Regale und eine Herdstelle runden das Bild ab. Die hier gezeigte Gaststätte aus Ostia ist ein Beispiel dafür. Der archäologische Nachweis solcher Bauten ist in unserer Region noch nicht gelungen. Die hier üblichen Streifenhäuser bieten sich allerdings dafür an.

Weitere Zimmer können sich daran anschließen, z.B. separate Speiseräume (die sellariolae popinae des Martial). Einige Räume haben gemauerte Klinen und dienten als triclina (Speisezimmer). Ein Befund aus Pompeji ließ auch den Nachweis einer Gartenwirtschaft (in diesem Fall eher ein Gartenrestaurant) zu. In einigen Kneipen dienten die Nebenzimmer als Bordell. Ein unter Domitian (81 - 96 n. Chr.) erlassenes Gesetz zeigt, daß auch die Straße vor einer Gaststätte mit einbezogen wurde und als erweiterter Schankraum diente.

Das Angebot

Was im Einzelnen verkauft wurde, läßt sich nicht mehr rekonstruieren; in Regionen mit Weinanbau die dortigen Sorten, eventuell noch importierte Weine und die in römischer Zeit beliebten Gewürzweine wie z.B. conditum paradoxum oder mulsum. In unseren Breiten kamen sicherlich noch Bier (cervesia) und Met (hydromellum) hinzu. Beheizbare, fest eingebaute Kessel in einigen Gaststätten lassen den Eindruck entstehen, daß schon in römischer Zeit der Glühwein zumindest jahreszeitlich sehr beliebt war. Genauso gut ließen sie sich aber auch als Kochtöpfe für Suppen, Eintöpfe oder Würste verwenden.

Das Angebot an Speisen dürfte eher bescheiden gewesen sein: Eintöpfe aus Getreide oder Hülsenfrüchte und einfache Fleischgerichte: geräucherte oder luftgetrocknete Würste scheinen als besonders haltbares Gericht verkauft worden zu sein, vermutlich auch die gallischen Schinken aus der Provinz Gallia Belgica. Einfache kalte Speisen (z.B. moretum und epityrum), Backwaren und Gebäck rundeten das Angebot ab. Römische Gaststätten mit einer gehobeneren Küche wird es hier in den städtischen Siedlungen auch gegeben haben. Ihr Nachweis ist allerdings archäologisch kaum zu erbringen. Am wahrscheinlichsten noch über die Analyse der gefundenen Tierknochen und der botanischen Reste.

Unter den Kaisern Tiberius (14 - 37 u.Z.), Claudius (41 - 54 u.Z.), Nero (54 - 68 u.Z.) und Vespasian (69 - 79 u.Z.) wurde mehrfach und vergeblich versucht den Speiseverkauf auf einfachste Lebensmittel zu beschränken. Die Zahl der Erlasse sind ein Zeichen dafür, daß sich kaum ein Wirt darum gekümmert hat und sie nicht auf Dauer durchsetzbar waren.

Unter Tiberius mußten die Aedilen (jährlich gewählte Beamte, die u.a. für die öffentliche Ordnung und die Märkte zuständig waren) darauf achten, daß in den Garküchen und Schankwirtschaften kein feines Backwerk öffentlich zum Verkauf ausgestellt wurde. Selbst der Verkauf gekochter Speisen muß teilweise unter Strafe gestanden haben. Senatoren unter Claudius versuchten erneut den römischen Gaststätten und Metzgern Verkaufsbeschränkungen mit der Begründung aufzuerlegen, daß Getreideprodukte, Hülsenfrüchte und Gemüse für den einfachen Mann ausreichen würden. Als Antwort rief Claudius in der Kurie aus: "rogo vos, quis potest sine offula vivere?" - "Ich frage Euch, wer kann ohne sein Stückchen Wurst leben?". Anschließend beschrieb die gute Ausstattung der alten Wirtschaften, die er noch aus seiner Zeit als Privatmann kannte (Sueton, Divus Claudius 40,1). Das letzte Zitat belegt sehr gut die Bedeutung, die die Garküchen für die Ernährung der städtische Bevölkerung hatten. Robert von Ranke-Graves schildert in seinem Roman "Claudius the God" den weiteren fiktiven Verlauf dieser Debatte. Der Kaiser Claudius schildert dort ausschweifend, aber fast galubwürdig, wie er in finanziell schwierigen Zeiten seinen Wein aus den cauponae Roms holte.

Das neronische Gesetz, nach dem Brand Roms erlassen, verbot den Verkauf aller gekochten Speisen, nur Gemüse und Hülsenfrüchte waren erneut davon ausgenommen. Das vespasianische Gesetz hatte eine ähnliche Intention.

Das soziale Ansehen

Das Publikum der römischen Kneipen war das einfache Volk, Besuche der Oberschicht in öffentlichen Lokalen erregten Anstoß unter ihren Standesgenossen. Die Begriffe popino und ganeo (eine weitere Bezeichnung für einen Wirt) galten als Beschimpfung für die betreffenden Personen. Kein Wunder, da die Wirte immer als unehrlich angesehen wurden. Zumeist warf man ihnen vor zuviel Wasser in den Wein zu gießen (dieser wurde immer verdünnt getrunken). In der satirischen cena Trimalchionis des Petron heißt es deshalb, sie seien im Zeichen des Wassermannes geboren. Gastwirte und Köche galten in republikanischer Zeit als nicht wehrfähig, da es hieß, sie seien in einem verweichlichenden Gewerbe tätig. Damit waren sie auch von fast allen wichtigen Bürgerrechten ausgeschlossen. Auch viele Sklaven oder Freigelassene waren als Wirte tätig. Das weibliche Personal war noch schlechter gestellt. Fast immer unfrei, arbeiteten sie in den Gaststätten und Herbergen zusätzlich als Prostituierte oder standen zumindest im Ruf diesem Gewerbe nachzugehen.

Die caupones (Plural) aber werden in Inschriften ohne negative Bedeutung genannt. Vermutlich deshalb, da mit diesen Berufsbezeichnungen auch die Pächter oder Betreiber der mansiones (Plural von mansio) bezeichnet wurden. Eine mansio war eine Herberge in Städten bzw. an Straßen, häufig im staatlichen Auftrag errichtet und bewirtschaftet. Im Laufe der römischen Kaiserzeit verbesserte sich auch das Berufsbild der Wirtin, allerdings nicht das der restlichen Angestellten. Nach Plinius (nat.hist. XXXIII 32) war es für die römische Oberschicht keine Schande, einen Teil ihres Geldes durch den Betrieb von Gaststätten zu verdienen. Unter der Voraussetzung, daß diese durch Sklaven oder Freigelassene bewirtschaftet wurden. Einige Gaststätten in Pompeji und Grabreliefs aus unserer Region mit Schank- und Weinhandelsszenen lassen allerdings auf eine z. T. recht wohlhabende Schicht römischer Wirte schließen.

Cauponaschild